Jahresbericht Schwangerschaftskonflikt- und Schwangerenberatung für 2023

Dienststellen und Mitarbeiterinnen:

Das Diakonische Werk des Ev.-luth. Kirchenkreisverbandes Hildesheim bietet an insgesamt sechs Standorten Beratung nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) an:

Hildesheim: Gisela Sowa, Fachbereichsleiterin der Schwangerenberatung im Diakonischen Werk Hildesheim, Marlies Stockmeier, Leiterin der Psychologischen Beratungsstelle des Diakonischen Werkes und in der Sozialberatung für Schwangere seit 01.04.2023 Lion von Steimker, Sozialpädagoge im Anerkennungsjahr.

Alfeld: Vivian Gumnior, Kirchenkreissozialarbeiterin und Dienststellenleitung

Elze: Michelle Langer, Kirchenkreissozialarbeiterin und Dienststellenleitung / Krankheitsvertretung seit 1.09.2023 durch Susanne Winkelmann-Gottschalk

Bockenem und Sarstedt:  Christina Hense-Schenk, Kirchenkreissozialarbeiterin und Dienststellenleitung in Sarstedt

Peine: Seit 1.08.2023 Izabela Meyer, Kirchenkreissozialarbeiterin / zuvor Vakanzvertretung durch Marlene Dörrstock.

Für alle Dienststellen werden für die Sozialberatung zu Schwangerschaft, Sexualität und Familienplanung sowie für die Schwangerschaftskonfliktberatung zeitnah Termine vergeben. Ratsuchende melden sich persönlich, per E-Mail oder telefonisch an. Durch den guten Kontakt zu gynäkologischen Praxen, die Vernetzung mit anderen Beratungsstellen und über unseren Internetauftritt ist das Beratungsangebot gut bekannt und leicht zu finden.

Beratungszahlen 2023:

In den Beratungsstellen des Diakonischen Werkes Hildesheim wurden 2023 insgesamt 456 Einzelpersonen oder Paare zu Fragen der Schwangerschaft, Hilfen und Leistungen für Schwangere und Familien, Familienplanung sowie im Schwangerschaftskonflikt

beraten. Davon waren 124 Fälle Schwangerschaftskonfliktberatungen nach §§ 5 und 6 SchKG und 311 Fälle Beratungen in der Schwangerschaft oder in Fragen der Familienplanung u.a. nach § 2 SchKG. Psychosoziale Beratung im Zusammenhang mit Pränataldiagnostik nach § 2a SchKG wurde in 3 Fällen nachgefragt.

 

Schwangerschaftskonfliktberatung

Es gab regionale Unterschiede bei den meistgenannten Gründen für die Erwägung eines Schwangerschaftsabbruchs. Häufig wurden genannt: „Berufliche Gründe“ „abgeschlossene Familienplanung“, „Situation als Alleinerziehende“ und „unsichere finanzielle Situation“.

Verschlechtert hat sich die ärztliche Versorgung bezüglich ambulanter Schwangerschaftsabbrüche im Landkreis Hildesheim. Nur noch ein niedergelassener Gynäkologe nimmt Eingriffe vor und muss inzwischen für Operationen nach Hannover ausweichen.

 

Schwangerschaftsverhütung

Für Frauen, die Langzeitverhütungsmittel wie die Spirale oder bei abgeschlossener Familienplanung eine Sterilisation wünschen, müssen diese selbst finanzieren. Wenn sie ein geringes Einkommen haben (Transferleistungen, Ausbildungsunterstützung o.ä.) besteht im Landkreis Hildesheim die Möglichkeit über eine Schwangerenberatungsstelle Zuschüsse beim Sozialfonds Hildesheim zu beantragen. In Peine hat der Landkreis entsprechende Mittel bereitgestellt. Nach wie vor fordern wir mit anderen Sozialverbänden die Kostenübernahme für Langzeitverhütungsmitteln durch die gesetzliche Krankenversicherung. So könnten auch Frauen mit geringem Einkommen - unabhängig vom Wohnort und lokalen Hilfsangeboten - ungewollte Schwangerschaften verhindern. Die Kostenübernahme von Verhütungsmitteln würde sich sicherlich auch auf die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche auswirken.

 

Finanzielle Hilfen

Nach der Corona-Pandemie war das Jahr 2023 weiterhin vom Krieg in der Ukraine und durch die hohe Inflation und allgemeine Teuerung der Energie- und Lebenshaltungskosten geprägt.  Wir konnten Frauen mit geringem Einkommen und in materiellen Notlagen durch Beantragung von Zuwendungen unterstützen: Bei der Stiftung Mutter und Kind für 124 Schwangere, beim Hildesheimer Sozialfonds für 19 Frauen für Langzeitverhütungsmittel und aus Mitteln des Diakonischen Werkes und anderen Stiftungen in 21 Fällen in besonderen Notlagen. Insgesamt wurden in allen Stellen 80.355 Euro für die Unterstützung von Schwangeren und Familien akquiriert.

 

Behörden

Geburtsurkunden werden im Standesamt der Stadt Hildesheim mit Wartezeit von mehreren Wochen ausgestellt. Das hat u.a. zur Folge, dass Kindergeld oder Grundsicherungsleistungen nicht rechtzeitig beantragt und gewährt werden können. Problematisch ist beim Jobcenter, aber auch bei anderen Behörden, die oft schleppende Bearbeitung, schlechte Erreichbarkeit und Kommunikation mit Sachbearbeiter*innen. Das führt zu deutlicher Mehrarbeit in den Beratungsstellen und zu belastenden Situationen der schwangeren Frauen. Auch bei der Beantragung von Familienleistungen, wie z.B. Eltern- oder Kindergeld, fühlen sich viele Frauen überfordert und bitten um Unterstützung.

 

Migration und Flucht

Die Sozialberatung von schwangeren Frauen mit Migrationshintergrund ist zum Teil sehr herausfordernd und nur mit Sprachmittler*innen möglich, hier gibt es häufig Folge- oder Mehrfachberatungen.

Insbesondere im Diakonischen Werk Bockenem war 2023 geprägt von vielfältigen Beratungen von bulgarischen Familien, die seit einigen Jahren nach Bockenem einreisen, um dort in meist prekären Arbeitsverhältnissen eine Anstellung zu finden und zu leben. Häufig reicht das Erwerbseinkommen nicht aus, um die ebenfalls häufig prekären Wohnverhältnisse zu finanzieren, wodurch häufig aufstockend Bürgergeldbeantragung notwendig wird. Diese Antragstellung gestaltet sich jedoch aufgrund der mangelnden Sprachkenntnisse schwierig, so dass die Verfahren langsam und mühsam sind. Bei den schwangeren Frauen entsteht dadurch nicht selten die Situation, dass eine Krankenversicherung erst kurz vor bzw. kurz nach der Entbindung eintritt, Vorsorgeuntersuchungen nicht durchgeführt werden können oder selbst bezahlt werden müssen, wodurch sich die finanziell ohnehin belastete Situation noch verschärft.

Durch diese Situation ergeben sich längere Beratungsprozesse, die viel Zeit und Geduld erfordern.

 

Wohnungsnot

Problematisch ist die generell angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt. Insbesondere Familien mit mehreren Kindern und geringem Einkommen haben es schwer angemessenen bezahlbaren Wohnraum zu finden.

 

Vernetzung

Die Zusammenarbeit mit den anderen Beratungseinrichtungen im Diakonischen Werk (Migrationsberatung, Psychologische Beratung, Schuldnerberatung, Kurenberatung) und Vernetzung mit den Angeboten der Frühen Hilfen ermöglichte auch 2023 wieder ein gutes Unterstützungsanbot für Frauen in den unterschiedlichsten Lebenslagen. So konnten Familienhebammen und Familienkinderkrankenschwestern an Familien vermittelt werden, in denen Mutter oder Vater psychisch krank, körperlich eingeschränkt oder minderjährig waren. Dadurch und durch die Vermittlung weiterer Hilgen konnte den Kindern ein sicheres Aufwachsen ermöglicht werden. 

In Fällen häuslicher Gewalt oder psychischer Erkrankung war es hilfreich, mit Kolleginnen aus der Beratungs- und Interventionsstelle bei häuslicher Gewalt in Kontakt zu treten und relativ zeitnah wirksame Hilfen und Unterstützung zu installieren.

Die gut verzahnte Zusammenarbeit mit Familienhebammen vor Ort, die belastete Familien begleiten und unterstützen, ist positiv hervorzuheben.  Allerdings wird auch die allgemeine Hebammenunterstützung in der Schwangerschaft und nach Geburt zunehmend schwierig, da weniger Hebammen zur Verfügung stehen. Auch die gute Zusammenarbeit mit Arztpraxen und anderen Institutionen im Einzugsbereich wirkt sich positiv auf unser Hilfsangebot aus.

Die Beratungsstellen für Schwangere arbeiten in regionalen Arbeitskreisen in Hildesheim und Peine bewährt zusammen. Hier wird regelmäßig der fachliche Austausch auch mit der Ärzteschaft gepflegt und interne Fortbildungen u.a. zum Thema „Vertrauliche Geburt“ durchführt sowie die kommunale Netzwerkarbeit mit organisiert (Frühe Hilfen und Pränataldiagnostik). Im dreijährigen Projekt mit dem Landkreis Hildesheim und dem Nationalen Zentrum Frühe Hilfen zum Thema "Frühe Hilfen politisch strukturell verankern“ engagieren sich Beraterinnen aus dem Diakonischen Werk Hildesheim für die Perspektive der Schwangerenberatungsstellen.

 

Qualitätssicherung

Alle Berater*innen der Schwangerenberatung des Diakonischen Werkes nehmen fachliche Fortbildungen und regelmäßig Teamsupervision in Anspruch.

 

Gisela Sowa, Fachbereichsleitung
Dipl. Sozialpädagogin / Sozialarbeiterin
Psychologische Beraterin  IFB / SG