»Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf«
Dieses bekannte afrikanische Sprichwort will sagen, dass Erziehung und Bildung nicht allein Aufgabe der Eltern ist, sondern von uns allen als Gesellschaft. Neben staatlichen Institutionen wie Schule, Kitas, und Jugendhilfe sind Vereine, Bildungsträger, Wohlfahrtsverbände, politische Parteien, Parlamente, Nachbarschaften und andere zivilgesellschaftliche Gruppen gefordert. FiN sieht sich als einen Akteur von vielen im Gemeinwesen, unser »Dorf« ist die Region, also Städte und Gemeinden im Landkreis Hildesheim.
Was bringt Familien, Kinder, Heranwachsende in eine Notlage?
Herr G. hat im Frühjahr seine Partnerin verloren – sie starb ganz plötzlich. Die beiden wollten heiraten, haben eine gemeinsame, schwerbehinderte Tochter, waren dabei ein Haus auszubauen. Für so eine Katastrophe war nicht vorgesorgt: kein Testament, keine Verfügung, keine Absicherung. Herr G. war mit der gesamten Situation überfordert, konnte seiner Berufstätigkeit kaum noch nachgehen. Er suchte eine Anlaufstelle, musste sich austauschen und sortieren, brauchte ganz praktische Informationen und Hilfen, die schnell auf den Weg gebracht wurden.
Ein Ausbildungsbetrieb des FiN-Netzwerks stellte den Kontakt zu einem jungen Mann her. F. kam als minderjähriger Flüchtling allein aus Afghanistan nach Hildesheim, lernte Deutsch und begann die Ausbildung zum Gas- und Wasserinstallateur. Er galt als fleißiger und geschätzter Mitarbeiter – Probleme gab es allerdings in der Berufsschule. Und nachdem er zweimal die theoretische Abschlussprüfung nicht bestand, begannen die Schwierigkeiten: Verdienstausfall, verzögerte Leistungsgewährung und dadurch bedingt Miet- und Energieschulden, Depressionen im Kontext mit einer PTBS, schlechte Nachrichten von der Familie in der Heimat, Rückzug, ungeöffnete Post, Energiesperre… Mit viel Geduld und in Kooperation mit der Schuldnerberatung konnten wir gemeinsam Stück für Stück abhelfen.
H. ist eine alleinerziehende, ehrgeizige junge Frau. Da sie nur in Münster einen Studienplatz bekam, pendelte sie zwischen Hildesheim und Münster – als alleinerziehende Mutter eine große Belastung. H. leidet zudem an einer Grunderkrankung, die sie einschränkt und immer wieder Kosten für Physiotherapie und Medikamente verursacht. Ein Studienortwechsel nach Hildesheim erforderte ein kompliziertes Aufnahmeverfahren, das eine Härtefallbegründung verlangte und Gebühren kostete – die H. nicht aufbringen konnte. Über die Migrationsberatungsstelle wurde der Kontakt zu FiN hergestellt und Unterstützung ermöglicht.
Dies sind nur drei Beispiele aus der Beratung von FiN im vergangenen Jahr, beispielhaft für 123 Familien oder Personen, die sich an FiN gewandt haben. 71 dieser 123 Anfragen wurden von Dritten vermittelt: u.a. von anderen Beratungsstellen, Behörden, Kitas, Jugendhilfeträgern oder vom Frauenhaus. 75% der Ratsuchenden sind Frauen, meist alleinerziehend